Projekt: 5 Fragen an das Leben
Die Erfahrung der Generationen

Entstehungsgeschichte


Alles begann an einem Tag, im Mai 2011 als meine Eltern in ein Pflegeheim (Haus Vitalis in Hamburg) ziehen mussten, und ich deren Wohnung räumen sollte.
Jeder, der das einmal gemacht hat weiß, dass dabei viele Dinge gefunden werden, die eigentlich entsorgt werden könnten.
Bevor dieses dann endgültig geschieht, lagert man manches davon in Kartons zwischen um später doch noch einmal die Herkunft oder Wichtigkeit zu klären.
Selbst nach der Klärung, Teilentsorgung, Verkaufsversuchen auf z.B. Flohmärkten und Verschenkaktionen bleibt fast immer ein Karton mit "überflüssigem Zeugs" zurück.
Überflüssig?
In meinem Fall fand sich hier tatsächlich noch "ein Ding" das letztlich zu der Gründung von "Projekt: 5 Fragen an das Leben" führte.
 

Das war ein kleiner, eher unscheinbarer Taschenkalender aus dem Jahre 1945.
Allein die Jahreszahl hat dazu geführt, dass ich den Kalender mehrfach, und jedes Mal ganz knapp ... eben doch nicht entsorgt habe. Ich wollte irgend wann zumindest einmal darin blättern und schauen, was den ehemaligen Besitzer (mein Vater?) in diesem geschichtsträchtigen Jahr wohl beschäftigt hat.

Als die finale Kisten-Entsorgung inklusive Kalender Anfang 2014 unausweichlich anstand blätterte ich dann doch noch schnell darin um festzustellen, dass ich weder die Schrift (Altdeutsch) noch die Handschrift entziffern kann.
Jetzt aber wirklich weg damit!
Aber, dieses Büchlein wehrte sich noch einmal erfolgreich gegen seine Vernichtung und ich stieß an einem der Tage auf einen kleinen, komischen Druckfehler.
Druckfehler?
Bei näherer Betrachtung stellte ich jetzt fest, dass der Kalender garnicht gedruckt war! Er sah nur wie gedruckt aus.
Unglaublich akkurat hatte hier jemand Dutzende von Seiten per Hand erstellt.
Wer macht so eine Fleißarbeit, und warum?
Ich wäre nie darauf gekommen so etwas zu tun und ich kannte auch niemanden, der so etwas tun würde.

Ich habe also meinen Vater gefragt was es mit diesem Kalender auf sich hat.
Zunächst war er einfach nur begeistert, dass dieses "Werk" noch existiert. Er selbst hatte den Kalender 1944 gebastelt, und zwar wirklich komplett samt Einband.
Nachdem er mir die ganze Geschichte erzählt hatte, beschloss ich einen kleinen, privaten Erinnerungsfilm darüber zu machen, den ich auch meinm Bruder, der in Australien lebt, schicken könnte.

Hier ist er, der Film mit dem alles begann:

 

Als ich nun schon beim "Vater-filmen" war habe ich ihn auch nach seinen Lebensweisheiten gefragt und dabei Material für einen zweiten Film gesammelt.
Ich zeigte die Filme dann auch im Freundeskreis. Diese meinten zu meiner Verwunderung, dass sie gerne noch mehr von und über meinem Vater wissen würden ...

Kurze Zeit später habe ich dann erneut mit meinem Vater gedreht und ihm dabei die 5 Fragen gestellt, die heute die Kernfragen des Projekts sind.
Diese Fragen hatten sich nach vielen Gesprächen und langem Nachdenken als "elementar" herauskristalisiert.

Während ich diesen ersten 5-Fragen-Film machte ist mir etwas sehr wichtiges aufgefallen:
Die Vorbereitung darauf hat meinen Vater intensiv beschäftigt und es hat ihn ungemein gefreut, dass ich mich so sehr für seine Vergangenheit interessiere. 
 

Mir wurde bewusst, dass mein Vater für viele Stunden oder sogar Tage etwas Sinnvolles zu tun gehabt hatte – nur durch diese ein, zwei Stunden Beschäftigung mit mir.
Was würde wohl erst passieren wenn ich die gleiche Aktion mit fremden Menschen mache?

Sie würden sicherlich noch weit länger beschäftigt sein, weil sie im Unterschied zu meinem Vater erst einmal nachdenken müssten, was z.B. ihr liebstes Ding eigentlich ist.

Vielleicht müssten sie es auch erst einmal suchen.

Die Tatsache, dass zukünftige Interviewpartner mich nicht persönlich kennen, dürft die Angelegenheit für sie noch aufregender machen.

Da hatte ich wohl durch Zufall eine neue, effektive und sehr günstige Art von Beschäftigungstherapie entdeckt!
Und nicht nur das, die Filme würden auch die Angehörigen und weitere Menschen interessieren, und zusätzlich kulturell gesehen sinnvoll sein.
 

Just zu diesem Zeitpunkt erzählte Herr Jahn, Geschäftsführer und Leiter des Haus Vitalis, bei einem Angehörigentreffen von der Problematik der Beschäftigungstherapie in Pflegeheimen allgemein wie auch in seinem Haus.
Die bestehenden Pflegesätze lassen die Einstellung von zusätzlichem Personal für die Beschäftigung der Bewohner meist nur eingeschränkt zu.
Da konnte ich vielleicht helfen!

Herr Jahn hat diese neue Idee sofort verstanden und war begeistert.
Sowohl aus der Perspektive der Beschäftigungstherapie wie auch durch die anderen Aspekte.

Seit diesem Treffen besuche ich an einem Tag im Monat das Haus Vitalis und drehe dort 5-Fragen-Filme mit den Bewohnern.
Damit wurde es finanziell möglich, das "Projekt: 5 Fragen an das Leben" zu realisieren und auch diese Internetsite zu erstellen.

Und die Erfahrungen?
Es funktioniert tatsächlich genauso wie erhofft, und bereitet allen Beteiligten wie auch den Zuschauern große Freude.
Mein Dank geht an den kleinen Taschenkalender, der jetzt nicht mehr um seine Existenz fürchten muss.
   

Felix Kautsky  

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